Physiologie der Nebenniere und Hormonproduktion

Die paarigen Nebennieren bestehen jeweils aus einer Nebennierenrinde und dem Nebennierenmark.

Die Nebennierenrinde wiederum hat einen dreischichtigen Aufbau: In der äußeren Schicht, der Zona glomerulosa, werden Mineralocorticoide (Aldosteron) gebildet, welche für die Regulation der Elektrolyte, des Wasserhaushalts und des Blutdrucks zuständig sind. In der mittleren Zona fasciculata werden Glucocorticoide (Cortisol) gebildet. Cortisol ist als Stresshormon an vielen wichtigen Stoffwechselvorgängen beteiligt. In der innen liegenden Zona reticularis werden Androgene wie DHEA ausgeschüttet, welches unter anderem an der Steuerung der Libido, also dem sexuellen Begehren, und der Stimmung beteiligt ist.

Im Nebennierenmark werden schließlich die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin gebildet, die auch an der Regulation von Blutdruck und Herzaktivität beteiligt sind. Die Produktion von Glucocorticoiden und DHEA wird durch die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA-Achse) reguliert und die Mineralocorticoidsynthese (Bildung von Mineralocorticoid) hauptsächlich durch das Renin-Angiotensin-System (RAAS). Cortisol wird dabei zirkadian, das heißt in einer tageszeitlichen Rhythmik mit maximalen Werten in den frühen Morgenstunden ausgeschüttet.

Gemeinsames Merkmal aller Formen einer Nebennierenrinden (NNR)-Insuffizienz ist ein Ausfall der lebenswichtigen Cortisolproduktion.

Ist dies die Folge einer Erkrankung der Nebennieren selbst (primäre Form), kommt es zum Ausfall der Absonderung aller Hormone der Nebennieren. Bei einer Störung auf der Ebene der Hypophyse oder des Hypothalamus (sekundäre bzw. tertiäre Form) bleibt dagegen die Aldosteronsynthese weitgehend unbeeinträchtigt, da die Steuerung im Wesentlichen ACTH-unabhängig verläuft.

Therapie der NNR-Insuffizienz

Am häufigsten wird zum Cortisolersatz Hydrocortison verwandt, welches dem körpereigenen Cortisol entspricht. Üblicherweise werden dabei Tagesgesamtdosen zwischen 10-25 mg verwandt (Bornstein et al. 2016, Fleseriu et al. 2016). Patienten mit einer sekundären NNR-Insuffizienz benötigen dabei häufig etwas geringere Dosen als Patienten mit primärer NNR-Insuffizienz. Geringere Tagesdosen können den Knochenstoffwechsel, metabolische Parameter (Gewicht, Blutdruck, Fettstoffwechsel, Blutzucker) und die Lebensqualität günstig beeinflussen (Filipsson et al. 2006, Bleicken et al. 2010, Schulz et al. 2016, Hammarstrand et al. 2017).

Allgemein ist eine möglichst niedrige Hydrocortison-Erhaltungsdosis unter Sicherstellung der vollen Leistungsfähigkeit bei gleichzeitiger Vermeidung einer Überdosierung anzustreben. Im Zweifelsfall sollte jedoch immer großzügig Hydrocortison eingenommen werden, um eine Addison-Krise zu vermeiden!

Einen Überblick über die verschiedenen Präparate zur Substitution gibt Tab. 1.

Tab. 1

Wichtige Probleme bei der Hydrocortison-Ersatztherapie sind vor allem die unzureichende Anpassung an die normale Tagesrhythmik der Cortisolsynthese, die kurze Halbwertszeit von Hydrocortison (ca. 90 Minuten) und die ungenügende Anpassung an außergewöhnliche Belastungen.

Eine korrekt durchgeführte Substitutionstherapie hat keine Nebenwirkungen, jedoch kann es zu Symptomen einer Überbehandlung kommen, wenn über längere Zeit zu viel Cortisol eingenommen wird. Zu dem wichtigsten Anzeichen einer Übersubstitution können eine Gewichtszunahme, Schlafstörungen, ein neu entstandener Bluthochdruck oder die Entstehung eines Diabetes mellitus zählen. Da es bislang keinen guten Biomarker gibt, der zur Therapieüberwachung geeignet ist, erfolgt diese im Wesentlichen klinisch (Bornstein et al. 2016, Fleseriu et al. 2016). Im Rahmen der ärztlichen Kontrolluntersuchungen wird auf Anzeichen einer möglichen Übersubstitution geachtet und diese gegebenenfalls weiter abgeklärt (vgl. Tab. 2). Wichtig ist jedoch, dass auch betroffene Patienten selbst auf Veränderungen ihres Körpers achten.

Tab. 2

Studien zu retardiertem Hydrocortison, also Hydrocortison-Präparate mit verzögerter Freisetzung des Wirkstoffs, haben gezeigt, dass es nach einer Umstellung durch ein physiologischeres, also den natürlichen Körperabläufen besser entsprechendes Cortisolprofil zu einer Verbesserung der metabolischen Parameter (Gewicht, Blutdruck, Zuckerstoffwechsel, Blutfette) wie auch zu einer positiven Beeinflussung von Lebensqualität und Fatigue, das heißt chronische Erschöpfung, (Isidori et al. 2018, Giordano et al. 2016, Johannsson et al. 2012) kommt. Die Tabletten setzen bei 1 x morgendlicher Gabe Hydrocortison in 2 Phasen frei, neben einem rasch verfügbaren Anteil sichert eine verzögerte Wirkstofffreisetzung die Versorgung über den Tag. Bei erhöhtem körperlichen und/oder psychischen Stress kann eine zusätzliche Einnahme von konventionellem Hydrocortison (mit sofortiger Wirkstofffreisetzung) erforderlich sein. Die Indikation zur Umstellung der Therapie auf retardiertes Hydrocortison muss individuell getroffen werden (abhängig von der Güte der bestehenden Einstellung, Lebensumständen, Wünsche des Patienten etc.).

PD Dr. med. Birgit Harbeck
Amedes Experts
Mönckebergstraße. 10
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