Störungen der Pubertätsentwicklung – erklärt für Jugendliche

Die Pubertät ist als der Lebensabschnitt definiert, in dem sich Kinder zu Jugendlichen und schließlich zu erwachsenen Frauen und Männern entwickeln. In dieser Entwicklungsphase kommt es sowohl zu körperlichen als auch psychischen Veränderungen: So löst man sich währenddessen ein Stück weit von den Eltern ab und wird selbstständiger und am Ende der körperlichen Entwicklung steht die Fortpflanzungsfähigkeit. Es kommt also zu psychologischen und biologischen Veränderungen, die zu einer körperlichen und sexuellen Reifung und zur Ausreifung der Persönlichkeit führen.

Was passiert in der Pubertät?

Typisch für diese Entwicklungsphase sind ein Unabhängigkeitsbestreben (Autonomiebestreben), eine große Kreativität und eine Tendenz, Gefahren eher gering einzuschätzen und ein größeres Risiko in Kauf zu nehmen. Entwicklungsgeschichtlich – also evolutionär – gesehen, hat die Phase der Pubertät durch Kreativität und Risikobereitschaft die Fortentwicklung von ganzen Kulturen beschleunigt und die Fortpflanzungsfähigkeit gegen Ende der Pubertätsentwicklung sichert den Erhalt der Menschheit.

Da alleine das normale Durchleben der Pubertätsentwicklung schon sehr vielschichtig und herausfordernd sein kann, kann man sich leicht vorstellen, dass die zugrunde liegenden biologisch-medizinischen Veränderungen ebenfalls sehr vielschichtig sind.
Einige Fachbegriffe können wir bei den Ausführungen in dieser Broschüre leider nicht vermeiden. Aber wir bemühen uns, sie zu erklären und so verständlich wie möglich zu bleiben.

Sehen wir uns zunächst den normalen Ablauf der Pubertätsentwicklung an:

Die Pubertätsentwicklung wird vom Kopf aus gesteuert: Dort gibt es zwei Regulationszentren: den sogenannten Hypothalamus im Zwischenhirn und die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse). Von beiden Regulationszentren werden Botenstoffe (Hormone) ausgeschüttet, die die untergeordnete Stelle erneut zur Ausschüttung von Botenstoffen anregen. Hormone sorgen als Stoffe im Blut dafür, wichtige Funktionen im menschlichen Körper aufrechtzuerhalten

Vom Hypothalamus im Zwischenhirn wird GnRH (Gonadotropin Releasing Hormon) ausgeschüttet, das die Hirnanhangsdrüse anregt, von der dann die Botenstoffe LH (Luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikelstimulierendes Hormon) ausgeschüttet werden. Über das Blut gelangen die Botenstoffe LH und FSH dann zu den Keimdrüsen (Eierstöcke bei Frauen, Hoden bei Männern). Dort wird die Bildung von Geschlechtshormonen angeregt: bei Frauen Östrogen und Gestagen und bei Männern Testosteron.

Das Östrogen führt zur Brustentwicklung. Unter dem Hormoneinfluss wachsen auch die Gebärmutter und die Eierstöcke. Unter dem Einfluss von Nebennierenhormonen kommt es des Weiteren zu Scham- und Achselbehaarung. Außerdem kommt es durch das Zusammenspiel von Östrogen und Wachstumshormon zum pubertären Wachstumsspurt; dabei wächst man mit der zweitschnellsten Wachstumsgeschwindigkeit seines Lebens! Mit zunehmender Pubertätsentwicklung reifen beim Mädchen auch Eizellen heran und es tritt die erste Regelblutung (Menarche) auf.

Der Beginn der Pubertätsentwicklung ist sehr unterschiedlich und kann bei Mädchen im Alter zwischen 8 und 13 Jahren auftreten. Das Alter bei der ersten Periode liegt in Deutschland im Mittel bei 12,7 Jahren. Das Östrogen ist bei Frauen auch ein wichtiger Faktor, um eine gute Knochendichte aufzubauen. Eine schlechte Knochendichte kann das Risiko von Knochenbrüchen erhöhen. Außerdem schützt das Östrogen vor Herzinfarkt und Schlaganfall.

Das Testosteron führt bei Jungen zu einer Größenzunahme von Penis und Hodensack und zum Wachstum von Scham-, Achsel- und Barthaaren. Außerdem kommt es unter dem Testosteroneinfluss zu einer Größenzunahme des Kehlkopfes und zum Stimmbruch. Bei Jungen führt das Zusammenspiel von Testosteron und Wachstumshormon ebenfalls zum Pubertätswachstumsspurt. Durch die hormonellen Veränderungen kann es vorübergehend auch zu Akne, vermehrtem Schweißgeruch oder zu einer vorübergehenden Brustdrüsenschwellung kommen. Mit 14–15 Jahren haben Jungen meist ihren ersten Samenerguss. Unter dem Testosteroneinfluss nehmen bei Jungen die Knochendichte und die Muskelmasse zu. Die normale Pubertätsentwicklung beginnt bei ihnen zwischen 9 und 14 Jahren.

Die britischen Kinderärzte Marshall und Tanner haben die Pubertätsentwicklung bei Mädchen und Jungen in Stadien eingeteilt, damit der Fortschritt der Pubertätsentwicklung vom Arzt möglichst exakt und objektiv dokumentiert werden kann: Bei Mädchen werden das Stadium der Brustentwicklung und das Stadium der Schambehaarung beurteilt und bei Jungen werden das Hodenvolumen, die Entwicklung der Geschlechtsorgane und ebenfalls die Schambehaarung eingeschätzt.

Brustentwicklung (B) nach Tanner

Vorpubertär: Keine Brustdrüse tastbar, die Brustwarze ist nicht vorgewölbt.

Pubertätsbeginn: Die Brustknospe entwickelt sich, Brustdrüsengewebe ist unter der Brustwarze tastbar; diese ist leicht vergrößert.

Die Brust beginnt sich zu wölben, das Drüsengewebe ist größer als die Brustwarze.

Die Brustgröße nimmt zu, die Brustwarze hebt sich von der Brustkontur, also dem Umriss der Brust ab.

Erwachsen: Die Brust erreicht ihre Endgröße, der Brustwarzenhof bildet eine Ebene mit der Brustkontur, die Brustwarze steht hervor.

Schambehaarung (Pubesbehaarung, P) nach Tanner

Vorpubertär: keine echte Behaarung im Schambereich, nur feines Flaumhaar.

Wenige lange, pigmentierte (dunkle) Haare auf den äußeren Schamlippen beim Mädchen bzw. an der Basis des Penis und des Hodensacks beim Jungen.

Die Schambehaarung wird kräftiger, gekräuselt und dunkler und breitet sich weiter aus.

Ausbreitung der Schambehaarung über den gesamten Schamhügel.

Erwachsen: Ausbreitung der Schamhaare über Schenkel und horizontal bis zur Linea alba, einem Sehnenstreifen in der Mitte der Bauchwand.

Genitalentwicklung (G) nach Tanner

Die Hoden sind klein; der Penis ist klein.

Pubertätsbeginn: Das Hodenvolumen hat sich vergrößert; die Haut des Hodensacks wird rötlicher und erweitert sich; unveränderte Penislänge.

Die Hoden sind noch mehr gewachsen; der Hodensack vergrößert sich weiter; die Penislänge nimmt zu.

Weitere Vergrößerung der Hoden; der Hodensack wird größer und dunkler; die Penisgröße nimmt in Umfang und Länge zu, Entwicklung der Glans, also der Eichel.

Erwachsen: Hodensack und Penis sind ausgewachsen.

Welche Störungen der Pubertätsentwicklung gibt es?

Prinzipiell können die Störungen der Pubertätsentwicklung vereinfacht in drei Kategorien eingeteilt werden:

  1. zu frühe Pubertätsentwicklung
  2. zu späte Pubertätsentwicklung
  3. gar keine Pubertätsentwicklung

Von einer zu frühen Pubertätsentwicklung (medizinischer Begriff: Pubertas praecox) spricht man, wenn es bei Mädchen zu einer Brustentwicklung vor dem Alter von 8 Jahren kommt und wenn bei Buben das Hodenvolumen mehr als 3 ml vor dem Alter von 9 Jahren beträgt.

Von einer zu späten Pubertätsentwicklung spricht man, wenn es bei Mädchen bis zum Alter von 13 Jahren noch nicht zur ersten Brustknospe gekommen ist und wenn bei Jungen das Hodenvolumen bis zum Alter von 14 Jahren immer noch weniger als 4ml beträgt. Häufig findet sich in diesen Fällen familiär ein langsameres Reifungsmuster. Das bedeutet, dass zum Beispiel die Mutter ihre erste Regelblutung erst relativ spät erlebt hat oder der Vater erst spät in die Pubertätsentwicklung gekommen ist und dafür auch nach dem Alter von 17 Jahren noch gewachsen ist. In diesen Fällen spricht man dann von einer konstitutionellen Verzögerung von Wachstum und Pubertätsentwicklung. Dabei handelt es sich lediglich um eine langsamere körperliche Reifungsvariante, an deren Ende ein zwar späterer, aber normaler Abschluss der Pubertätsentwicklung steht.

Auf die ersten beiden Störungen oder Varianten der Pubertätsentwicklung wird im weiteren Verlauf der Broschüre nicht mehr eingegangen. Im Folgenden konzentrieren wir uns auf die ganz ausbleibende Pubertätsentwicklung: Wenn gar keine Pubertätsentwicklung stattfindet, liegt dem meistens eine seltene Diagnose zugrunde, die durch einen Hormonspezialisten für Kinder diagnostiziert werden muss.

Prinzipiell kann bei einer ausbleibenden Pubertätsentwicklung das Problem auf folgenden Ebenen liegen:

1. "Problem im Kopf"

Problem im Kopf bei der zentralen Steuerung der Pubertätsentwicklung: GnRH oder LH/FSH fehlen. Das kann genetisch bedingt sein, kann aber auch an einem Hirntumor, einer Schädelbestrahlung oder einer Hirnfehlbildung liegen. Andere Ursachen können auch eine durchgemachte schwere Infektion des Gehirns oder ein Schädel-Hirn-Trauma sein. Weil die Gonadotropine – unter diesem Begriff fasst man die Hormone LH und FSH zusammen – zu wenig sind bzw. fehlen, spricht man bei dem zentralen Problem von einer hypo-gonadotropen Störung (hypo = zu wenig).

2. "Problem in der Peripherie"

Problem in der Peripherie außerhalb des Kopfes, das heißt, das Problem liegt in den Hoden oder Eierstöcken. Auch hier sind unterschiedliche Störungen möglich: Die Keimdrüsen reagieren nicht auf die Stimulation (Anregung) durch LH/FSH, die Hoden bzw. Eierstöcke selber arbeiten nicht so, wie sie sollen, weil sie defekt sind (genetische oder chromosomale Ursachen). Oder es gibt einen Enzymdefekt, der dazu führt, dass die Sexualhormone Östradiol oder Testosteron nicht gebildet werden können. Schlussendlich kann es auch selten noch ein Problem der Bindungsstelle (Rezeptor) der Sexualhormone geben. In allen vorgenannten Fällen merkt der „Kopf“, dass im Körper die Sexualhormone fehlen und schüttet deswegen noch mehr LH/ FSH aus, das heißt, dass die Gonadotropine LH und FSH ganz hoch sind. Deshalb spricht man in diesen Fällen auch von einer hyper-gonadotropen Störung (hyper = zu viel).

  • Hirntumoren: Kraniopharyngeom, Germinom, Optikusgliom, Astrozytom, Tumoren der Hirnanhangsdrüse, Langerhanszell-Histiozytose
  • Hirnfehlbildungen: Hirnanhangsdrüsen-Fehlbildungen, Mittelliniendefekte (die Mittellinie ist eine genau in der Mitte des Körpers liegende wichtige Entwicklungszone) wie z. B. die septooptische Dysplasie, die zu Sehstörungen führt (meistens liegt den Hirnfehlbildungen eine genetische Veränderung zugrunde und es können auch andere Ausfälle der Hirnanhangsdrüsen-Hormone auftreten)
  • Schädelbestrahlung/Chemotherapie in der Vergangenheit
  • Schädel-Hirntrauma in der Vergangenheit
  • eitrige Hirnhautentzündung in der Vergangenheit
  • Kallmann-Syndrom (genetisch bedingt)
  • Genveränderungen im LH/FSH-Gen
  • Prader-Willi-Syndrom

  • chromosomale, das heißt die Erbanlagen der Körperzellen betreffende
  • Veränderungen (z. B. Ullrich-Turner Syndrom, Gonadendysgenesie)
  • Aromatasemangel (der Mangel des Enzyms Aromatase führt bei Mädchen zur Vermännlichung)
  • durch Strahlen- oder Chemotherapie geschädigte Eierstöcke
  • Beschädigung der Eierstöcke durch Autoantikörper im Rahmen von Autoimmunerkrankungen, also Erkrankungen, die sich gegen das gesunde Gewebe des Körpers richten (Autoimmun-Polyendokrinopathie-Syndrom)
  • defekte LH-/FSH-Bindungsstellen (LH-/FSH-Rezeptor-Mutationen)
  • primäre Ovarialinsuffizienz (Störung der Eierstöcke) bei fragilem-X-Syndrom (Veränderung der Erbanlagen) oder bei Galaktosmämie (erbliche Stoffwechsel-Erkrankung)
  • Ovarschädigung (Schädigung der Eierstöcke) durch Verletzung oder Ovarstieldrehung (Drehung des Eierstocks um die eigene Achse) in der Vergangenheit
  • Defekte in der Östrogen-/Steroidhormon-Biosynthese

  • chromosomale Veränderungen (z. B. Klinefelter Syndrom, Gonadendysgenesie)
  • durch Strahlen oder Chemotherapie geschädigte Hoden
  • Beschädigung der Hoden durch Autoantikörper im Rahmen von Autoimmunerkrankungen (Autoimmun-Polyendokrinopathie-Syndrom)
  • defekte LH-Bindungsstellen (LH-Rezeptor-Mutationen)
  • Hodenschädigung durch Hodenhochstand, dabei befinden sich die Hoden nicht in der natürlichen Lage im Hodensack
  • Hodenschädigung durch Verletzung oder Hodentorsion (blockierte Durchblutung des Hodens)
  • Defekte der Testosteron-/Steroidhormon-Biosynthese

Hast Du in einer dieser Listen Deine Diagnose gefunden? Weißt Du, ob Du eine hypo-gonadotrope oder eine hyper-gonadotrope Pubertätsstörung hast? – Wenn nicht, dann lasse Dir das noch einmal ganz genau beim nächsten Besuch bei Deinem Hormonspezialisten erklären!

Am Anfang ist man verständlicherweise sehr verunsichert, wenn man erfährt, dass etwas mit der Gesundheit nicht stimmt. Besonders trifft das natürlich auf ein Thema wie die Pubertätsentwicklung zu. Da weiß man ja sowieso schon nicht ganz genau, was einen so erwartet und man wünscht sich manchmal, alles soll so bleiben wie in der Kindheit. Oder man möchte gleich auf der Stelle schon erwachsen sein.

In so einer Situation helfen einem vor allem Wissen zu Diagnose und Behandlung, die Erfahrungen von anderen Betroffenen und das darüber Reden weiter!

Die medizinischen Fragen sollte dabei der Hormonspezialist beantworten, bei den Erfahrungen kann eine Selbsthilfeinitiative für den Austausch hilfreich sein, gerade wenn es sich um vergleichsweise seltene Erkrankungen handelt, und für das Reden kann man sich eine Vertrauensperson und/oder eine/n Psychologin/en aussuchen.

Wenn die Diagnose einmal gestellt ist, hat man schon einiges an Diagnostik hinter sich! Man wurde genau befragt, klinisch untersucht, hatte eine Blutabnahme und gegebenenfalls auch endokrinologische Funktionstestungen oder auch genetische Untersuchungen. Es wurde die Hand geröntgt, um das Knochenalter zu bestimmen, es wurden Ultraschall- oder sogar Kernspinuntersuchungen (Magnetresonanz-Tomographie: MRT; sogenannte bildgebende Verfahren) gemacht und eventuell auch eine Knochendichtemessung durchgeführt. In seltenen Fällen ist vielleicht sogar eine Bauchhöhlenspiegelung zur Diagnosefindung durchgeführt worden.

Damit kann sich die Diagnosestellung ziemlich hinziehen und die Phase der Ungewissheit kann ganz schön belastend sein. So gesehen ist man durchaus froh, wenn eine Diagnose gestellt wurde und man dann auch abschätzen kann, was einen in der Zukunft erwartet!

Von der jeweiligen Diagnose hängen dann auch die Chancen auf die Fruchtbarkeit (Fertilität) ab.

Hormon-Ersatztherapie

Zum Glück kann man heutzutage die hormonelle Pubertätsentwicklung ziemlich gut mit Medikamenten nachahmen. Dies ist wichtig, damit es zu einer ganz normalen körperlichen und psycho-sexuellen Reifung kommt. Das bedeutet, dass sich der Körper ganz normal zur Frau bzw. zum Mann entwickelt und dass sich ganz normal das Interesse für Partnerschaften entwickelt. Bezüglich der Entwicklung des Selbstständigkeitsbestrebens (der Autonomieentwicklung) und der relativen Abgrenzung von den Eltern zeigt sich häufig auch ohne Sexualhormone eine völlig übliche Entwicklung. Denn in diesen Punkten orientieren sich die Jugendlichen meistens am Verhalten ihrer Freunde. Eine häufige Sorge der Eltern, eine Sexualhormontherapie könne oppositionelles, also rebellisches Verhalten auslösen oder verstärken, ist deshalb unberechtigt!

Die Sexualhormone sind aber nicht nur für die körperliche und die psycho-sexuelle Entwicklung wichtig, sondern auch für den pubertären Wachstumsspurt und für die Knochendichte! Im Zusammenspiel von Wachstumshormon und Sexualhormonen erreicht der Körper in der Pubertät die zweitschnellste Wachstumsgeschwindigkeit im Leben – nur im Säuglingsalter wächst man noch schneller als in der Pubertät. Während Mädchen bei einem Knochenalter von 15 Jahren und Jungen bei einem Knochenalter von 17 Jahren ausgewachsen sind, wird die maximale Knochendichte erst im Alter zwischen 25 und 30 Jahren erreicht. Beim Aufbau der maximalen Knochendichte sind die Sexualhormone ein sehr wichtiger Faktor! Von der höchstens erreichten Knochendichte im Alter von 25 bis 30 Jahren zehrt man dann sein ganzes Leben! Eine gute Knochendichte ist wichtig, um in höherem Alter eine verstärkte Anfälligkeit für Knochenbrüche zu vermeiden.

Beim Östrogen, dem weiblichen Geschlechtshormon, gibt es noch die Besonderheit, dass dieses einen Schutzfaktor vor Herzinfarkt und Schlaganfall darstellt!

Für die Einleitung der Pubertätsentwicklung gibt es verschiedene Möglichkeiten. Gemeinsam ist allen, dass man am Anfang mit einer niedrigen Sexualhormon-Dosis beginnt und diese über einen Zeitraum von ca. zwei Jahren langsam schrittweise steigert, bis eine Erwachsenendosis erreicht ist. Durch die anfangs niedrigeren Sexualhormon-Dosen ahmt man die normale Pubertätsentwicklung nach und man verhindert, dass sich die Wachstumsfugen zu rasch verschließen.

Für die Hormon-Ersatztherapie gibt es die Möglichkeit der Einnahme von Tabletten, die Zufuhr über die Haut mittels Pflaster oder Gel (transdermale Anwendung) oder die intramuskuläre Injektion, also die Spritze in den Muskel. Jede Anwendungsform bietet unterschiedliche Vor- und Nachteile. Diese solltest Du mit Deinem Hormonspezialisten besprechen. Die Einnahme von Tabletten ist einfach und unkompliziert, die Zufuhr über die Haut ist aufwendiger, entlastet aber die Leber, weil sie weniger Wirkstoff abbauen muss als nach der Einnahme über den Mund. Spritzen sind schmerzhaft, dafür ist die Gabe je nach Präparat nur alle 3 bis 4 Wochen oder sogar nur alle 3 Monate erforderlich.

Bei Mädchen

Bei Jungen

Transition

Wenn man sich überlegt, dass heutzutage die Lebenserwartung bei 80–100 Jahren liegt, steht fest, dass man als junger Erwachsener noch 3/4 – 4/5 des Lebens vor sich hat. Eine gute Gesundheit für diese lange Lebenserwartung wünscht sich wohl jede und jeder. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass mit einer chronischen Erkrankung der Wechsel von der Kinder- und Jugendmedizin in die Erwachsenenmedizin gut gelingt!

Bei diesem Übergang, also der Transition, handelt es sich nicht um ein einzeitiges Ereignis. Im optimalen Fall ist es vielmehr ein lang angebahnter Prozess, in dem die/der Jugendliche immer besser zu seiner Erkrankung und Therapie informiert ist und in dem er/sie sich zunehmend selbstständig um die medizinischen Belange kümmert. Dazu gehören z. B. alleine in die Sprechstunde gehen, den Überblick über die benötigten Medikamente und Vorsorgeuntersuchungen behalten, das Wissen zum bisherigen Krankheitsverlauf etc.

Bereits im Jugendalter sollte man schon mal den Ausblick in die Erwachsenenmedizin wagen, wie es wohl sein wird, wenn man mit 18–20 Jahren dort betreut wird. Generell gilt, dass in der Erwachsenenmedizin die Termine enger getaktet sind und man sich gut auf die Sprechstunde vorbereiten sollte, damit man nichts vergisst.

Insgesamt wird dann auch mehr Eigenverantwortung erwartet als in der Kinder- und Jugendheilkunde.

In Vorbereitung auf die Transition sollte der Jugendliche zunehmend Kenntnisse zu seiner Diagnose, zur Therapie und zum bisherigen Krankheitsverlauf haben. Außerdem sollte man einen Überblick über die benötigten Vorsorgeuntersuchungen behalten.

Um Deine „Transitionsbereitschaft“ zu testen, kannst Du einmal folgende Fragen durchgehen:

Fragen

  1. Löst Du Rezepte selbst in der Apotheke ein?
  2. Kennst Du mögliche Nebenwirkungen Deiner Medikamente und weißt Du, wie Du Dich bei Auftreten von Nebenwirkungen verhalten sollst?
  3. Nimmst Du Deine Medikamente selbstständig und regelmäßig ein?
  4. Kümmerst Du Dich selber um die Nachbestellung Deiner Medikamente?
  5. Vereinbarst Du Deine Arzttermine selbst?
  6. Nimmst Du empfohlene Untersuchungen bei anderen Ärzten wahr (z. B. beim Frauenarzt oder Urologen)?
  7. Fährst Du selber zum Arzt?
  8. Meldest Du Dich bei Problemen selbst bei Deiner Ärztin/bei Deinem Arzt?
  9. Kennst Du Dich mit der Krankenversicherung aus?
  10. Weißt Du, welche Kosten die Krankenkasse übernimmt und welche nicht?
  11. Regelst Du Deine Geldangelegenheit schon selbst?
  12. Füllst Du medizinische Fragebögen selbst aus?
  13. Verwendest Du einen Terminkalender, um alle Deine Termine im Blick zu behalten?
  14. Traust Du Dich, über gesundheitliche Probleme in der Sprechstunde zu reden, oder bist Du noch sehr schüchtern?
  15. Beantwortest Du Fragen in der Sprechstunde bislang selbst oder lässt Du die Eltern antworten?
  16. Hast Du selbst die Kontakt-Telefonnummer/Kontakt-E-Mail Deiner Ärztin/ Deines Arztes?
  17. Kannst Du Deine genaue Diagnose benennen?
  18. Kannst Du Deine Medikamente benennen und kennst Du die Dosierungen?
  19. Kannst Du Auskunft zum bisherigen Krankheitsverlauf geben?
  20. Hast Du einen aktuellen Arztbrief?

Wenn Du viele dieser Fragen positiv beantworten kannst, bist Du schon ziemlich „transitionsbereit“!

Eine gelungene Transition bedeutet eine gute Anbindung an die medizinische Erwachsenenversorgung, um die Gesundheit so gut und so lange wie möglich zu erhalten. Gerade bei der Diagnose Hypogonadismus (Mangel an Sexualhormonen) ist die lebenslange medizinische Anbindung notwendig, um eine möglichst gute Lebensqualität zu behalten, damit man psychisch und psycho-sexuell gesund bleibt und damit man einer möglichen verminderten Knochendichte (Osteopenie oder Osteoporose) vorbeugen und eine übermäßige Knochenbrüchigkeit verhindern kann. In der Erwachsenenmedizin kann dann auch je nach Diagnose und Lebenssituation eine Beratung zur Fortpflanzungsfähigkeit (Fertilität) in der konkreten Situation erfolgen. Im Jugendalter werden diese Themen oft nur sehr kurz angerissen, weil dies da oft noch kein so aktuelles Thema ist.

Mit freundlicher Unterstützung der TK