Morbus Addison – meine Geschichte

Ein Fünfzigjähriger leider unter rätselhaften, zunehmend belastender werdenden Symptomen. Im Krankenhaus werden die wahren Hintergründe entdeckt.

Nach längerem Überlegen habe ich mich dazu entschlossen, meine Krankengeschichte niederzuschreiben und in der GLANDULA zu veröffentlichen.

Ich bin männlich, 63 Jahre alt und verheiratet. Wir haben einen dreißigjährigen Sohn.

Zunehmende Schwäche

Mit ca. 50 Jahren bemerkte ich, dass ich schwächer wurde. Schwere Arbeiten konnte ich nicht mehr erledigen. Das habe ich notgedrungen meinem Sohn überlassen. Ich dachte, die Schwäche käme vom Herz. Denn ich hatte schon seit ca. 16 Jahren Herzrhythmusstörungen und immer einen komischen Druck auf der linken Brustseite. Aber alle Untersuchungen (EKGs, Ultraschall und Katheder) waren unauffällig.

Die allgemeine Schwäche wurde von Jahr zu Jahr schlimmer und belastete mich unglaublich. Mein Hausarzt konnte mir nicht helfen und schob die Beschwerden auf die von meinem Herz ausgehende Wetterfühligkeit. Auch alle Blutuntersuchungen waren bis auf eine leichte Anämie (Blutarmut) unauffällig, so mein Hausarzt. Anfang April 2018 wurde meine Frau an der Halswirbelsäule operiert.

Am 23.4.2018 fuhr sie dann in Reha. Inzwischen war ich so schwach, dass ich deshalb in Panik geriet. Ich fühlte mich im Stich gelassen. Wie sollte es jetzt weitergehen?

Am 26.4.2018 fuhr mich mein Sohn wieder zum Hausarzt. Es wurde erneut ein EKG geschrieben. Alles war wie immer OK. Wir fuhren wieder nach Hause. Am nächsten Tag waren wir abermals beim Hausarzt. Ich konnte nicht mehr, war völlig am Ende. Jetzt bekam mein Hausarzt Panik. Mit Verdacht auf Herzmuskelentzündung wurden wir ins Krankenhaus geschickt.

Im Krankenhaus erstellt man wieder ein Ultraschall vom Herz. Erneut alles normal. Ich wurde wieder nach Hause geschickt. Unterwegs habe ich dann geheult. Ich sagte zu meinem Sohn, ich hätte ein Gefühl, dass ich bald sterben müsste. Am 3.5.2019 fuhren wir dann erneut ins Krankenhaus. Diesmal direkt in die Notaufnahme. Ich konnte kaum noch sprechen. Musste auf die Liege gehoben werden.

Der behandelnde Arzt sagte zu mir: „Wir gehen mal davon aus, dass Ihr Herz gesund ist. Wir nehmen jetzt Blut ab und schicken es in verschiedene Labore. Auch ins Krankenhaus-Labor.“ Er meinte, alle Parameter, die man im Blut untersuchen kann, würde er prüfen lassen. Außerdem stellte der Arzt fest, dass ich keine Scham- und Achselbehaarung hatte. Dieser Mediziner gab sich die allergrößte Mühe! Er ließ nicht locker, untersuchte und befragte mich, bis er sich ein Bild gemacht hatte. Er meinte, ich käme jetzt auf Station und wir würden uns noch einmal sehen.

Die Diagnose

Ich war ca. 10 Minuten auf der Station und mein Sohn hatte noch nicht mal meinen Koffer ausgepackt. Da kam eine Schwester und teilte uns mit, ich müsse sofort auf die Intensivstation. Dort blieb ich mit meinem Bett auf dem Flur stehen und wurde an diverse Geräte angeschlossen. Nach ca. 20 Minuten kam der Arzt aus der Notaufnahme mit weiteren drei Ärzten.

Er beugte sich über mich und sagte zu mir: „Wenn es das ist, was ich vermute, dann muss es Ihnen gleich besser gehen.“ Es wurde ein Venenzugang gelegt. Dann wurde ein Beutel Kochsalzlösung angehangen. Schließlich fragte ein Assistenzarzt den Mediziner der Intensivstation, ob wir eine Krise hätten. Ich konnte damals nichts damit anfangen. Heute kennt man den Begriff „Krise“ schon besser. Man einigte sich schnell darauf, dass eine Spritze mit 100 ml Hydocortison in die Kochsalzlösung gespritzt werden müsse. So wurde es gemacht.

Dann haben mich alle Ärzte gespannt angeschaut. Ich weiß nicht mehr wie lange es gedauert hat, aber plötzlich hatte ich ein unglaubliches Gefühl. Der ständige Druck auf der linken Brustseite ging als erstes weg. Dann hatte ich wieder ein Gefühl, als wenn ich geupdatet würde. Es war unglaublich. Mir ging es von Augenblick zu Augenblick besser. Die Ärzte waren mehr als zufrieden, dass sie diese seltene Krankheit soeben festgestellt hatten. Ich fühlte mich so stark, dass ich mein Bett durch die ganze Intensivstation hätte schmeißen können.

Über Nacht blieb ich auf der Intensivstation. Am nächsten Morgen kam ich auf eine normale Station. Jetzt musste ich morgens 5 und mittags 2,5 (à 10 mg) Hydrocortison-Tabletten einnehmen. Mir ging es blendend. Es wurden diverse Blutuntersuchungen durchgeführt. Allerdings kam nur heraus, dass ich eine Nebenniereninsuffizienz hatte und dass diese keine Hormone produzierten. Ein ACTH-Test verlief im Sand. Irgendwo ging die Blutprobe verloren.

 Ein neues Leben

Am 9.5.2019 wurde ich entlassen. Man teilte mir mit, dass ich mich bei einem Endokrinologen vorstellen müsste. Auch über die Krankheit wurde ich ausführlich informiert. Meinen Facharzt fand ich in einer Uniklinik. Hier bin ich mehr als zufrieden! Ein tolles Haus mit tollen Ärzten!

Folgende Diagnosen wurden vom Endokrinologen gestellt:

  • Makroprolaktinom in der Hypophyse
  • Hypocortisolismus (Cortisolmangel)
  • Insuffizienz der corticotropen Achse
  • sekundäre Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
  • hypogonadotroper Hypogonadismus (Unterfunktion der Keimdrüsen)
  • arterielle Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Hypercholesterinämie (erhöhter Cholesterinspiegel)
  • Vitamin-D3-Mangel
  • leichte normochrome normozytäre Anämie (eine Form der Blutarmut)

Außerdem muss ich jährlich zum MRT (Hypophyse) und zur Gesichtsfeldanalyse.

Ansonsten geht es mir sehr gut. Ich will nicht klagen. Ich arbeite wieder in Wald und Garten. Nichts ist mir zu schwer. Wichtig ist, dass in bestimmten Situationen die Hydrocortison-Dosis angepasst wird. Das ist aber schon zur Routine geworden. Hydrocortison-Tabletten habe ich immer in der Tasche. Wenn ich unterwegs bin (Auto oder zu Fuß) habe ich stets meine Notfalltasche mit Schulungsunterlagen zu „Addison-Krise, Anweisung Notfallspritze, Tabelle Anpassung Hydrocortison“ und der Notfallspritze dabei.

Frau und Sohn wurden über die Addison-Krise geschult. Ich habe leider feststellen müssen, dass sich meine Verwandtschaft absolut nicht für meine Krankheit interessiert. Keiner wäre in der Lage, mir zu helfen. Hierüber bin ich sehr enttäuscht. Aber so ist das eben. ich kann sie nicht zwingen. Damit will ich schließen.