Lymphozytäre Hypophysitis (LyHy)
Die LyHy ist eine Untergruppe der Autoimmunhypophysitis (auch primäre Hypophysitis genannt) und ist die noch am häufigsten vorkommende entzündliche Hypophysenerkrankung denn insgesamt kommen diese Erkrankungen sehr selten vor. Die LyHy wurde zum ersten Mal 1962 durch Goudie und Pinkerton beschrieben und tritt bei Frauen deutlich häufiger auf als bei Männern. in etwa 10 % der Fälle besteht ein zeitlicher Zusammenhang mit einer Schwangerschaft.
Ursache
Es gilt heute als gesichert, dass eine Autoimmunreaktion vorliegt. Oft können Autoantikörper nachgewiesen werden, die gegen die Hypophyse gerichtet sind. Etwa 15 % der Patienten haben auch andere Autoimmunerkrankungen. Histologisch zeigt sich ein Eindringen von Lymphozyten und Plasmazellen in den Hypophysenvorderlappen (HVL).
Diagnose
Welches sind die Anzeichen?
Schleichend oder plötzlich auftretende Kopfschmerzen sind die mit am häufigs- ten beschriebenen Erstsymptome. Wenn die Hypophyse im MRT schon sehr ver- größert ist, kann ein Chiasma-Syndrom auftreten. Beim Chiasma-Syndrom, auch bitemporale Hemianopsie genannt, kommt es zum Ausfall beider temporaler Gesichtsfelder: Man sieht nicht mehr, was seitlich passiert = Scheuklappenblind- heit. Eine deutliche Gewichtszunahme kann auf eine Mitbeteiligung des Hypo- thalamus hinweisen.
Wie wird die Hypophysitis festgestellt?
In Einzelfällen lassen sich hypophysäre Antikörper im Blut nachweisen, doch die Genauigkeit der Antikörperuntersuchung ist nicht ausreichend für eine sichere Diagnosestellung.
Wichtig ist die Abgrenzung der hypophysären Raumforderung von einem Hypo- physenadenom. Dazu muss eine Kernspintomographie (MRT) durchgeführt werden. Bei der Beurteilung dieser MRT-Bilder gibt es spezielle Zeichen (radio- logischer Score) für eine LyHy, die oft nur ein Neuroradiologe oder Neurochirurg mit einer großen Erfahrung auf diesem Gebiet, kennt (Verdickung des Hypo- physenstiels).
Folgende hormonelle endokrinologische Befunde können wichtige Hinweise auf eine LyHy geben:
- früher oder isolierter Ausfall der corticotropen Achse (=sekundäre Nebenniereninsuffizienz), z.T. kombiniert mit einer Insuffizienz der Schilddrüsen-Achse, häufig auch Hyperprolaktinämie
- Auftreten eines Diabetes insipidus, wenn der Hypophysenstiel verdickt ist
- Ausfall aller Hormonachsen, obwohl nur eine „kleine Raumforderung“ vorliegt
Behandlung
Die klinischen Verläufe können sehr variieren. Daher gibt es auch unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten:
Warten und Beobachten
Falls die Raumforderung klein ist, nur wenig Symptome aufgetreten sind und keine Gesichtsfeldeinschränkungen vorliegen, sollte man einfach abwarten. Bei vielen Patienten bilden sich in der Beobachtungsphase die Raumforderung und teilweise auch die endokrinologischen Einschränkungen zurück.
Cortisontherapie
Eine Behandlung mit Gaben von hoch dosiertem Prednisolon spricht sofort an: Gesichtsfeldeinschränkungen und hormonelle Defizite können sich zurückbilden. Nachteile der Cortison-Therapie sind zahlreiche Nebenwirkungen und das häufige Auftreten von Rezidiven nach Absetzen der Cortison-Therapie. Falls Ihr be- handelnder Arzt eine solche Therapie durchführen muss, können Sie sich Hilfe in Kap. 9.5. holen.
Neurochirurgische Operation (äußerst selten)
Diese kann fast immer transsphenoidal (über die Nase) erfolgen. Eine Operation mit Probe-Biopsie erfolgt, wenn die Diagnose unsicher ist. Bei Sehstörungen und sehr starken Kopfschmerzen kann die operative Teilentfernung zu einer Rückbildung der Symptome führen. Nach einer Operation kommt es selten zu einer Besserung der Hypophysenfunktion. Das liegt daran, dass betroffene Anteile der Hypophyse selbst entfernt werden müssen. Oft liegt bei diesen Patienten aber schon vor der Operation eine (fast) komplette Hypophyseninsuffizienz vor.
Immunsuppressive Therapie
Eine immunsuppressive Therapie mit nicht Cortison-haltigen Medikamenten ist heute Erfolg versprechend und kann inzwischen, falls keine Gesichtsfeldeinschränkungen vorliegen, sofort nach Diagnosestellung erfolgen. Erfahrungen liegen vor allem mit den Medikamenten Azathioprin und Rituximab, die die Lymphozytenzahl reduzieren, vor.
Strahlentherapie
Die fraktionierte Bestrahlung mit sehr geringen Strahlendosen über mehrere Wochen oder Radiochirurgie (Einzeitbestrahlung) wird nur sehr selten durchgeführt. Sie sollte nur bei Fällen eingesetzt werden, die auf die oben genannten Therapien nicht ansprechen.
Kontrolluntersuchungen
Welche Untersuchungen und in welchem Abstand diese durchgeführt werden, richten sich klar nach den Methoden, nach denen behandelt wurde:
- MRT-Kontrollen
- augenärztliche Kontrollen
- Kontrolle der Hypophysenfunktion beim Endokrinologen
- Bei einer Cortison- und immunsuppressiven Therapie dürfen auch
Laboruntersuchungen mit einer körperlichen Untersuchung beim Hausarzt nicht versäumt werden.