Hydrocortison-Ersatztherapie bei unzureichender Cortisol-Eigenproduktion wegen einer Hypophysen- oder Nebennierenerkrankung

Welche Bedeutung hat eine adäquate Hormonersatztherapie?

Cortisol ist ein lebenswichtiges Hormon, welches in der Nebennierenrinde produziert wird und vor allem der Anpassung an StressSituationen dient. Es ist aber auch an der Steuerung vieler verschiedener Stoffwechselvorgänge (z. B. Zuckerneubildung in der Leber, Eiweißstoffwechsel) und auch an der Immunantwort beteiligt. Die Cortisol Ausschüttung in der Nebenniere steht unter der Kontrolle des in der Hypophyse produzierten Hormons ACTH. Bei Ausfall der körpereigenen Cortisolproduktion durch eine Erkrankung der Nebennieren selbst oder durch eine Erkrankung der Hypophyse (damit keine Anregung der Nebennieren mehr durch ACTH) ist eine meist lebenslange Hormon-Ersatztherapie notwendig, um diese lebensnotwendigen Funktionen zu ersetzen.

Welche Präparate werden zum Hormonersatz verwandt?

Üblicherweise wird zur Substitutionstherapie Hydrocortison, welches dem körpereigenen Cortisol entspricht, verwendet. Der in der Umgangssprache benutzte Begriff „Cortison“ für Cortisol-ähnliche Medikamente ist eigentlich falsch und irreführend, da „Cortison“ eine inaktive Form von Cortisol ist. Synthetisch hergestellte Cortisol-ähnliche, sogenannte Glukokortikoide (z. B. Prednisolon, Dexamethason), sind in ihrer Wirkung viel stärker und länger anhaltend und werden daher meist in der Pharmakotherapie, z. B. zur Unterdrückung des Immunsystems bei Rheuma, verwendet. Bei Ihnen wird aber keine Pharmakotherapie, sondern eine Hormon-Ersatztherapie angewendet.

Wie hoch sollte die Hydrocortison-Dosis sein?

Erforderlich ist eine den individuellen Bedürfnissen angepasste Hormon-Ersatztherapie. Grundsätzlich sollte zur Erhaltungstherapie die niedrigste ausreichende Dosis gewählt werden. Die meisten Patienten erhalten zum Hormonersatz 15–25 mg Hydrocortison (HC) pro Tag. Da man bei Hypophysen-Patienten noch gelegentlich eine Rest-Ausschüttung von ACTH und damit von Cortisol hat, ist häufig die HC-Tagesdosis bei Patienten mit Hypophysen-Insuffizienz (sekundäre Nebennieren-Insuffizienz) um 5–10 mg niedriger als bei Patienten mit primärer Nebennieren-Insuffizienz. Der Bedarf kann von Fall zu Fall jedoch stark unterschiedlich sein. Neuere Ansätze stellen auf eine HCSubstitution gemäß dem Körpergewicht ab (10 mg HC/m2 Körperoberfläche). Für das Herausfinden der richtigen Dosis sind weniger die Laborwerte entscheidend, sondern eher das Befinden der Patientin/des Patienten.

Nach welchem Einnahmeschema erfolgt die Hydrocortison-Einnahme?

Ziel ist es, die normale Cortisol-Ausschüttung Gesunder zu imitieren. Da Hydrocortison eine Wirkdauer von 5–8 Stunden aufweist, wird daher die Tagesdosis meist auf 2 oder 3 Dosen aufgeteilt, wobei die erste Dosis am Tag ca. 50 % der Tagesdosis umfassen sollte. Diese erste Dosis sollte morgens möglichst früh (ideal: 5–6 Uhr) und der Rest – je nach verwendetem Schema – mittags, am frühen oder späten Nachmittag eingenommen werden. Eine regelmäßige Einnahme von Hydrocortison nach 18 Uhr ist ungünstig, da es dann zu Einschlafstörungen und Veränderungen im Stoffwechsel kommen kann (Ausnahme sind hier Patienten mit Adrenogenitalem Syndrom [AGS] und Patienten mit Nebennieren-Insuffizienz und gleichzeitigem Typ 1 Diabetes mellitus).

Die Tabletteneinnahme kann sowohl nüchtern als auch während oder unmittelbar nach einer Mahlzeit erfolgen. Das seit 2012 in Deutschland erhältliche Plenadren™ ist Hydrocortison mit einer veränderten Freisetzung, sodass die Wirkdauer verlängert wird und meist nur eine tägliche Einnahme notwendig ist.

Wie erhöhe ich die Dosis in Stress-Situationen?

Wenn der gesunde Körper sich bedroht fühlt, z. B. durch eine Infektion, eine Verletzung oder ähnliches, produziert der Körper zusätzlich Cortisol, um mit dieser Stress-Situation besser umgehen zu können. Damit wird z. B. das Immunsystem aktiviert und dem Körper mehr Energie (Glukose) zur Verfügung gestellt. Da die Nebenniere dies bei Patienten mit NebennierenInsuffizienz nicht mehr leisten kann, muss der Patient dies für seinen Körper tun. Daher ist es notwendig, in besonderen Stress-Situationen eine erforderliche Hydrocortisondosis-Erhöhung (um das 2–5-fache) eigenständig durchzuführen:

Erforderlich sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen in einer endokrinologischen Sprechstunde (bei guter Einstellung: Erwachsene: 1–2x/Jahr, Kinder: mindestens 2x/Jahr). Hier wird nach dem Befinden und Krankheitsphasen gefragt und es werden Laboruntersuchungen durchgeführt.
Für die Bestimmung des Cortisolspiegels im Blut ist es nicht notwendig, am Morgen der Blutentnahme nüchtern zu sein. Da möglicherweise aber andere Laborergebnisse durch vorheriges Frühstück verfälscht werden, empfehlen wir, soweit zumutbar, nüchtern in die Sprechstunde zu kommen. Das gilt natürlich nicht bei Terminen am späten Vormittag oder am Nachmittag und auch nicht für Diabetiker(innen).
Wenn nicht anders mit der Ärztin/dem Arzt vereinbart, sollte die morgendliche Hydrocortison- Dosis auch am Untersuchungstag eingenommen werden. Für die Kontrolle der korrekten HC-Tagesdosis sind weniger die Laborwerte entscheidend, sondern eher das Befinden der Patientin/des Patienten. Wichtig ist, in der Sprechstunde mit dem Endokrinologen/-in über stattgefundene Krankheitsphasen zu sprechen und darüber, wie die HC-Dosis-Anpassung in diesen Situationen durchgeführt wurde.

Grundsätzlich gelten die gleichen Überlegungen auch für die Hydrocortison-Ersatztherapie bei Kindern. Die Dosierungen sind natürlich anders als bei Erwachsenen. Bei bestimmten Erkrankungen sind Besonderheiten zu beachten; so muss beispielsweise bei Kindern mit Adrenogenitalem Syndrom (AGS) die erste Tabletteneinnahme sehr früh am Morgen (3 bis 5 Uhr) erfolgen, um den morgendlichen ACTH-Anstieg zu unterdrücken. Eine Übersubstitution kann bei Kindern das Längenwachstum hemmen, sodass hier eine besonders sorgfältige Überwachung notwendig ist. Langwirksame, bzw synthetische „Cortison”-Präparate müssen aus dem gleichen Grunde vermieden werden.

Die gleichzeitige Einnahme bestimmter Medikamente kann die Wirkung des Hydrocortisons vermindern oder verstärken. Dies muss vom behandelnden Endokrinologen/-in berücksichtigt werden. Verminderte Hydrocortisonwirkung durch: z. B. Barbiturate, Johanniskraut-Extrakte, Phenytoin und Carbamazepin (Antiepileptika), Rifampicin (Therapeutikum zur Behandlung der TBC), Lysodren (Therapeutikum bei Nebennieren-Karzinom). Erhöhte Hydrocortison-Wirkung durch: z. B. Fluconazol, Voriconazol, Clarithromycin, Aprepitant, Verapamil, Cimetidin, HIV-Proteaseinhibitoren, östrogenhaltige Medikamente. Durch die Einnahme von Hydrocortison kann zudem die Wirkung von blutzuckersenkenden Arzneimitteln (Antidiabetika) und blutgerinnungshemmenden Medikamenten (Cumarinderivate) abgeschwächt werden. Auch manche frei verkäufliche Medikamente oder pflanzliche Wirkstoffe können eine Wechselwirkung mit Hydrocortison haben.

Welche Nebenwirkungen gibt es?

Eine korrekt durchgeführte und den Erfordernissen angepasste Cortisol-Ersatztherapie hat keine Nebenwirkungen. Leider wird die CortisolErsatztherapie immer wieder mit einer pharmakologischen „Cortisontherapie” verwechselt, wie sie z. B. bei Rheuma- oder Lungenerkrankungen notwendig sein kann und bei der stärker und länger wirksame synthetische Cortisol-ähnliche Wirkstoffe (Prednisolon, Dexamethason) eingesetzt werden.
Mögliche Nebenwirkungen einer überhöhten Substitutionsdosis sind unter anderem Zunahme des Körpergewichts, Akne, Schlafstörungen, Osteoporose, gestörter Glukosestoffwechsel (Diabetes mellitus), Grauer Star, erhöhtes Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen.
Mögliche Folgen einer zu geringen Substitutionsdosis sind: Kopfschmerzen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Bauchschmerzen, Leistungsminderung, Schwäche.
Aber nochmals: Eine richtig durchgeführte Hormonersatztherapie hat keine Nebenwirkungen! Sie darf deshalb auch nie unterbrochen werden.

Substitution

Bei längeren Reisen (mehr als 6 Stunden) sollte die Tagesdosis am Reisetag auf das 2-fache erhöht werden. Bei längeren Flugreisen (Interkontinentalflügen) sollte am Flugtag die 2-fache Dosis und während des Fluges alle 6–8 Stunden zusätzlich 5–10 mg HC eingenommen werden. Die Substitutionsdosis ist dann am Reiseziel zur gewohnten Zeit morgens einzunehmen (Lokalzeit), eine Verschiebung des Einnahmeschemas um ein paar Stunden ist ohne Bedeutung.

Hydrocortison-Anpassung bei medizinischen Eingriffen

nach Allolio EJE 2015, www.addisons.org.uk und Sektion Nebenniere, Steroide und Hypertonie der DGE; modifiziert nach Sektion Nebenniere, Steroide und Hypertonie der DGE, Version 8. Okt. 2016

Art des Eingriffes

Notwendigkeit vor und wärend der OP

Vorgehen nach der OP

lange, große Operation mit langer Erholungsphase (z.B. Herzchirurgie; große Darm-OP; Operationen, die einen Intensivstation-Aufenthalt beinhalten)

100 mg Hydrocortison intravenös (oder intramuskulär) direkt vor Narkoseeinleitung, gefolgt von einer kontinuierlichen Hydrocortisongabe intravenös (100 mg/24 Stunden)

Kontinuierliche Hydrocortisongabe intravenös (100 mg/24 Stunden), bis Patient wieder essen und trinken darf.
Dann umstellen auf Tabletten mit doppelter oraler Hydrocortison-Dosis für 48 Stunden, dann Verringerung zur normalen Tagesdosis.

große Operation mit kurzer Erholungsphase (z. B. Kaiserschnitt, Kniegelenk-Ersatz)

100 mg Hydrocortison intravenös (oder intramuskulär) direkt vor Narkoseeinleitung, gefolgt von einer kontinuierlichen Hydrocortisongabe intravenös (100 mg/24 Stunden)

Kontinuierliche Hydrocortisongabe intravenös (100 mg/24 Stunden), bis Patient wieder essen und trinken darf.
Dann umstellen auf Tabletten mit doppelter oraler Hydrocortison-Dosis für 24–48 Stunden, dann Verringerung zur normalen Tagesdosis.

Wehen und vaginale Geburt

bei Wehenbeginn 100 mg Hydrocortison intravenös (oder intramuskulär), gefolgt von einer kontinuierlichen Hydrocortisongabe intravenös (100 mg/24 Stunden)

Kontinuierliche Hydrocortisongabe intravenös (100 mg/24 Stunden) bis nach der Geburt.
Dann umstellen auf Tabletten mit doppelter oraler Hydrocortison-Dosis für 24–48 Stunden, dann Verringerung zur normalen Tagesdosis.

kleine Operation (z. B. Katarakt-OP, Hernien-OP, Laparoskopie), große Zahn-OPs in Vollnarkose

100 mg Hydrocortison intravenös (oder intramuskulär/unter die Haut) direkt vor Narkoseeinleitung/Anästhesiebeginn

Doppelte orale Hydrocortison-Dosis für 24 Stunden, dann Verringerung zur normalen Tagesdosis.

mittlere Zahn-OPs mit Lokalanästhesie (z. B. Wurzelkanal-OP)

zusätzliche Hydrocortison-„Morgendosis“ 1 Stunde vor dem Behandlungsbeginn

Doppelte orale Hydrocortison-Dosis für 24 Stunden, dann Verringerung zur normalen Tagesdosis.

kleine Eingriffe, z. B. kleine Zahn-OPs (Füllung), Hautbiopsien mit lokaler Betäubung

normalerweise keine Erhöhung notwendig

Zusätzliche Hydrocortison-Tagesdosis (20 mg), wenn Zeichen des Cortisolmangels auftreten.

invasive Darmuntersuchungen mit Abführmitteln (z. B. Koloskopie)

Fall A: bei hohem Risiko (z. B. älterer Patient, zusätzliche Krankheiten, zusätzlicher Diabetes insipidus etc.): Krankenhauseinweisung mit intravenöser Gabe von physiologischer NaCl-Infusion und 50–100 mg Hydrocortison unter die Haut oder intramuskulär während der Darmvorbereitung und 100 mg Hydrocortison intravenös (oder unter die Haut oder intramuskulär) direkt vor Untersuchungsbeginn

Fall B: niedriges Risiko – ambulante Darmvorbereitung am Vortag mit dreifacher HC-Tagesdosis (wichtig: 60 Minuten Abstand zwischen Tabletteneinnahme und Trinklösung; ausreichend zusätzlich Wasser trinken) + doppelte HC-Dosis morgens am Untersuchungstag zuhause und dann 100 mg Hydrocortison intravenös (oder unter die Haut oder intramuskulär) direkt vor Untersuchungsbeginn

Doppelte orale Hydrocortison-Dosis für 24 Stunden, dann Verringerung zur normalen Tagesdosis.

andere invasive Untersuchungen (z. B. Endoskopie, Magenspiegelung)

100 mg Hydrocortison intravenös (oder unter die Haut oder intramuskulär) direkt vor Narkoseeinleitung/Narkosebeginn

Doppelte orale Hydrocortison-Dosis für 24 Stunden, dann Verringerung zur normalen Tagesdosis.

Bemerkung

  • Soll der Patient vor einem Eingriff nüchtern bleiben, so ist auf die intravenöse Gabe einer physiologischen Kochsalzlösung zu achten!
  • Anstelle von 100– 200 mg/24 Stunden kann Hydrocortison auch mit 50 mg alle 6 Stunden intravenös (oder intramuskulär) gegeben werden. Die kontinuierliche Gabe ist aber vorzuziehen!
  • Bei Verringerung zur normalen Tagesdosis ist das Befinden des Patienten zu berücksichtigen: Z. B. Komplikationen nach der OP wie Fieber verzögern die Rückkehr zur normalen Tagesdosis!
  • Es gibt keine Studien, auf denen diese Empfehlungen basieren. Diese Empfehlungen sind Expertenmeinung (mit niedrigem Nachweisgrad).

Warum brauche ich einen Notfallausweis und ein Notfallmedikament?

Patientinnen und Patienten mit NebennierenInsuffizienz benötigen einen Notfallausweis (über das Netzwerk erhältlich), aus dem Erkrankung und Therapie sowie die Notfallmedikation mit Prednisolon-haltigen Zäpfchen oder in den Muskel zu gebenden Hydrocortison-Spritzen hervorgehen. Durch diese Medikamente ist eine Cortisolzufuhr auch dann möglich, wenn etwa bei Erbrechen keine Tabletten mehr eingenommen werden können. Bitte suchen Sie in einem solchen Fall (wiederholtes Erbrechen, Durchfälle etc.) unverzüglich ein Krankenhaus auf, in dem eine Hydrocortison-Therapie über die Vene durchgeführt werden kann. Ferner sollte jeder Patient/-in eine „Europäische Notfallkarte“ besitzen. Sie ist zweisprachig, deutsch und englisch, und besonders für Aufenthalte im Ausland dringend zu empfehlen. Bitte fragen Sie Ihren Endokrinologen danach.

Die Notfallausweise sind wichtig, damit der Notarzt/Notärztin bzw. das medizinische Notfallpersonal erkennt, dass Sie unter einer Nebennieren-Insuffizienz leiden und zusätzliches Hydrocortison benötigen.

Hydrocortison-Notfall-Set

Bei drohendem Cortisolmangel zur Prävention von Addison-Krisen: Infektionserkrankungen (z. B. Magen-Darm-Infekt), Unfälle!!

Bestandteile des Notfall-Sets

- 1 Ampulle Hydrocortison 100mg

- 1 Einwegspritze 2 ml

- 1 Kanüle Ø 0,90 x 50 mm 18 G x 1½ (zum Aufziehen – gelb)

- 1 Kanüle Ø 0,40 x 12 mm 27 G x ½ (zum Spritzen – grau)

Nach Injektion in einer Klinik vorstellig werden!

  • Entnehmen Sie die Spritze und die Kanüle aus dem Papier.
  • Am schnellsten geht das, indem Sie beides durch das Papier drücken.
  • Stecken Sie die Kanüle auf die Spritze.
  • Bitte lassen Sie dabei die Schutzkappe auf der Kanüle.
  • Legen Sie die vorbereitete Spritze zur Seite.

  • Stellen Sie die Hydrocortison-Ampulle aufrecht auf eine ­feste Unterlage.
  • Drücken Sie kräftig mit dem Daumen auf die gelbe Plastikkappe, damit das Lösungsmittel in die untere Kammer der Ampulle zur Trockensubstanz gelangt (Lösungsmittel vermischt sich mit dem Pulver!).

  • Die Ampulle in den Handflächen hin und her rollen (nicht schütteln!), bis sich das Pulver vollständig aufgelöst hat.
  • Es muss eine klare Lösung entstehen!
  • Entfernen Sie die kleine gelbe Schutzkappe aus der Mitte der gelben Plastikabdeckung.

 

  • Stechen Sie die lange Kanüle mit der Spritze senkrecht durch den Gummistopfen.
  • Ziehen Sie den gesamten Inhalt der Ampulle in die Spritze auf.
  • Achten Sie dabei darauf, dass sich die Spitze der Kanüle immer in der Flüssigkeit befindet.
  • Es ist normal, dass ein kleiner Rest Flüssigkeit in der Ampulle verbleibt.
  • Ziehen Sie die gefüllte Spritze von der langen Kanüle ab.

 

  • Setzen Sie jetzt die kleinere Kanüle auf die Spritze und entfernen Sie die Schutzkappe.
  • Halten Sie die Spritze senkrecht nach oben und klopfen Sie leicht gegen die Spritze, damit eventuell in der Spritze befindliche Luft nach oben gelangt.
  • Drücken Sie nun vorsichtig auf den Stempel der Spritze, bis aus der Kanüle ein Tropfen mit Flüssigkeit austritt.

 

  • Die beste Injektionsstelle ist die Mitte der Außenseite Ihres Oberschenkels.
  • Straffen Sie die Haut mit Ihrer nichtdominanten Hand und halten Sie die Spritze mit der anderen Hand im 90°-Winkel zu Ihrer Hautoberfläche.
  • Stechen Sie die Nadel komplett in die Haut und drücken Sie den Stempel der Spritze vorsichtig nach unten, bis der gesamte Inhalt der Spritze injiziert ist.
  • Ziehen Sie die Spritze aus der Haut und drücken Sie mit einem sauberen Tuch auf die Injektionsstelle.
  • Entsorgen Sie die benutzte Kanüle in einem durchstichsicheren Gefäß (z. B. Schraubglas).

Sollte eine Schulung der Angehörigen erfolgen?

Grundsätzlich ist es sinnvoll, die Angehörigen und/oder das nähere Umfeld (Kollegen, Freunde etc.) über die bestehende NebennierenInsuffizienz, ihre Folgen und ihre Behandlung zu informieren, damit in einer Notfallsituation, in der Sie als Patient vielleicht gar nicht mehr entsprechend reagieren können, zügig die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet werden. Im Zweifel nehmen Sie bitte Rücksprache mit Ihrer endokrinologischen Ambulanz/Praxis. Dort werden häufig Schulungen für Patienten und Angehörige angeboten.

Was ist eine Addison-Krise?

Eine Addison-Krise, auch Nebennieren-Krise genannt, ist eine lebensgefährliche Situation. Sie kann bei Patienten mit Nebennieren-Insuffizienz auftreten, wenn der Körper im Rahmen einer Stress-Situation zu wenig Cortisol zur Bewältigung dieser Stress-Situation zur Verfügung hat. Dies kann dann zum Kreislaufzusammenbruch und sogar zum Tod führen. Die beste Definition einer Addison-Krise/Nebennieren-Krise wurde von Prof. Allolio aufgestellt und muß folgende zwei Punkte beinhalten:

1: Starke Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens mit mindestens zwei der folgenden Zeichen/Symptome: niedriger Blutdruck (systolischer Blutdruck < 100 mmHg), Übelkeit oder Erbrechen, starke Müdigkeit, Fieber, starke Schläfrigkeit (Somnolenz), erniedrigtes Natrium im Blut (≤ 132 mmol/l) oder erhöhtes Kalium im Blut, Unterzuckerung

2: Gabe von Hydrocortison (oder einem anderen Glukokortikoid, z. B. Prednisolon) in den Muskel, in die Vene oder unter die Haut mit darauf eintretender deutlicher Besserung des Patienten Der Schweregrad einer Addison-Krise/Nebennieren-Krise definiert sich wie folgt:
Grad 1: ambulante Behandlung
Grad 2: stationär im Krankenhaus auf Normalstation
Grad 3: Intensivstation
Grad 4: Tod durch Nebennieren-Krise

Was gibt es Neues?

Die Hydrocortison-Notfallampulle ist nur für eine Gabe in den Muskel oder in die Vene zugelassen. In einer Untersuchung der Universität Würzburg konnte aber gezeigt werden, dass unter die Haut verabreichtes Hydrocortison fast zu dem gleichen Cortisolanstieg im Blut führte, nur jedoch etwas zeitverzögert (ca. 30–60 Minuten).

In mehreren Studien aus verschiedenen Ländern konnte gezeigt werden, dass vor allem Magen-Darm-Infekte das größte Risiko für eine Addison-Krise darstellen.

Eine Studie aus Norwegen zeigte bei 10 weiblichen Patienten mit Morbus Addison, dass eine zusätzliche Hydrocortison-Gabe vor einer kurzzeitigen anstrengenden sportlichen Aktivität keine Vorteile bringt.

Die von der Sektion „Nebenniere“ der DGE und der Akademie der DGE eingeführte strukturierte Schulung für Patienten mit Nebennieren-Insuffizienz, die durch zertifizierte Zentren durchgeführt wird, erhöht deutlich das Wissen der Patienten über ihre Erkrankung und führt zu mehr Sicherheit im Umgang mit notwendigen Dosiserhöhungen und der Notfallspritze. Schulungen im Namen der DGE und unter Verwendung der Schulungsfolien dürfen nur gemeinsam von zertifizierten (weitergebildeten und eingewiesenen) Endokrinologie-Assistentinnen und Ärzten durchgeführt werden.

Mehrere Studien konnten zeigen, dass die Verwendung des synthetischen Glukokortikoids Prednisolon in der Hormon-Ersatztherapie der Nebennieren-Insuffizienz das Risiko einer Osteoporose im Vergleich zu Hydrocortison erhöht.

Eine große europäische Studie konnte nachweisen, dass insbesondere Patienten mit einer erhöhten Frequenz von Infekten auch ein erhöhtes Risiko für Nebennieren-Krisen haben.

Hydrocortison-Therapie bei Nebennierenrinden-Insuffizienz im Kindes-und Jugendalter

Literatur bei der Verfasserin

Ursachen einer primären NebennierenrindenInsuffizienz (NNI) bei Kindern und Jugendlichen

Häufigste Ursache: Adrenogenitales Syndrom (AGS), Autoimmunadrenalitis (autoimmunbedingte Nebennieren-Entzündung), iatrogen, also durch ärztliche Einwirkung entstandene NNI, bedingt durch eine Langzeit-Glukokortikoidtherapie.

Ursachen einer sekundären Nebennieren-Insuffizienz

Hirntumor, Schädel-Hirn-Verletzungen, Bestrahlung, Entzündung der Hypophyse.

Hydrocortisontherapie

Hydrocortison (entspricht dem körpereigenen Cortisol) ist während des Wachstums das Glukokortikoid der Wahl zur Therapie einer NNI.

Zwei Therapieprinzipien

1. Die Cortisol-Ersatztherapie, die bei allen Nebennierenrinden-Erkrankungen angewendet wird, bei denen es nicht zur vermehrten Bildung von Androgenen (männlichen Hormonen) kommt: Hydrocortison 8–10 mg/m2 KOF(Körperoberfläche)/Tag.

2. Eine Cortisol-Ersatztherapie in höherer Dosierung zur Unterdrückung vermehrter Androgene, wie beim Adrenogenitalen Syndrom (AGS): Hydrocortison 10 –15mg/m2 KOF/Tag (1).

Es folgen Empfehlungen aus der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie (DGKED) (2):

Mit freundlicher Unterstützung der DAK Gesundheit